Zweiter FOREA-Workshop: Evaluation von prototypischen Anwendungen für digitale Wald-Werkzeuge
***English version below.
Anfang März haben wir zu einem zweiten Workshop eingeladen, um die von uns entwickelten Prototypen mit unseren Praxispartner*innen zu evaluieren. Bei den Prototypen handelt es sich um digitale Werkzeuge, welche bei zuvor identifizierten Herausforderungen assistieren sollen. Die Herausforderungen hatten wir in einem ersten Workshop im April 2024 gemeinsam mit den Workshop-Teilnehmenden und in vorangegangenen Interviews identifiziert.
Zu den identifizierten Herausforderungen zählen unter anderem: Wissensaustausch zwischen Waldakteur*innen, Datenmangel und -standards im Waldmanagement, der Umgang mit Störfaktoren (z.B. Wildverbiss) und Unsicherheiten bzgl. zukünftiger Geschäftsmodelle.
Bereits im ersten Workshop, im April 2024, wurden Ideen gesammelt, wie digitale Werkzeuge aussehen könnten. Genannt wurden Online-Waldforen, Chatrooms, digitale Waldbibliotheken, oder auch QR-Codes auf Wanderschildern und Spenden-Apps. Gleichzeitig wurde schnell klar, dass nicht auf jedes Problem ein passendes digitales Werkzeug entwickelt werden kann. Genannt wurden also auch andere Ideen, zum Beispiel das Aussprechen von Politikempfehlungen oder Ideen, welche eher auf soziale Praktiken abzielen. Ganz konkret wurde beispielsweise Drohnen-Sharing, also das Teilen von Drohnen, genannt.
Die Prototypen, die wir daraufhin entwickelten und in diesem Workshop besprachen, fokussieren sich insbesondere auf Probleme im Bereich des Wissensaustausches, berühren aber auch des Datenmangels und den Umgang mit Störfaktoren. Bei den vier vorgestellten Prototypen handelte es sich um ein Online-Ticketsystem, um einen Chatbot, eine digitale Entscheidungsstütze zur Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen und ein Auswahltool für Wald- und Forst-Software. Alle vier Prototypen wurden den Teilnehmenden des Workshops vorgestellt. In zwei Gruppen diskutierten die Teilnehmenden die mögliche Anwendbarkeit, Zielgruppen und Verbesserungsvorschläge (Design-Implikationen). Hier werden nun in Kürze die vier Prototypen und das Feedback der Teilnehmenden vorgestellt:
Der erste Prototyp, das Ticketsystem ist darauf ausgelegt, dass insbesondere Waldbesitzende, aber auch ähnliche Akteursgruppen, über ein Online-Formular Fragen an Expert*innen richten können. Je nach Problematik werden die Fragen von lokalen, über regionale und bis zu nationalen Expert*innen weitergeleitet. Ggf. kann auch ein Large Language Model (LLM)-Chatbot zur Beantwortung der Frage hinzugezogen werden. Dieser Chatbot wird mittels künstlicher Intelligenz auf das Themenfeld Wald und Forst trainiert.
Feedback: Das Feedback zum Ticketsystem zeigt, dass die Idee grundsätzlich als sinnvoll angesehen wird. Gleichzeitig bestehen Zweifel an der tatsächlichen Entlastung von Fachleuten, da allgemeine Fragen selten sind und Kapazitäten zur Bearbeitung fehlen. Kritisch gesehen wurden die Risiken pauschaler Antworten bei standortspezifischen Themen sowie Abgrenzungsprobleme zwischen kostenloser Information und kostenpflichtiger Beratung. Gewünscht wurden u. a. eine klarere Kommunikation der Systemgrenzen, die Möglichkeit zur Fotoeinsendung, Filterfunktionen und ein passenderer Name wie „Frag den Förster“.
Der Chatbot bietet einen einfachen und niedrigschwelligen Zugang zu forstlichem Wissen – speziell für interessierte Laien und fachfremde Personen in Nordrhein-Westfalen. Als digitale Anlaufstelle beantwortet er Fragen rund um Wald und Forst mit Hilfe eines modernen RAG-Modells auf Basis von ChatGPT. Dabei verknüpft er eine speziell aufbereitete Wissensbasis – u.a. den Waldzustandsbericht NRW 2023 und das Waldbaukonzept NRW. So ermöglicht er auch den Zugang zu spezifischeren Informationen, sofern diese in den zugrunde liegenden Daten enthalten sind. Der Chatbot gibt Antworten mit Bezug auf hinterlegte Quellen, dennoch sind Fehler (sogenannte Halluzinationen) nicht vollständig auszuschließen.
Feedback: Der Chatbot wurde als vertrauenswürdig wahrgenommen, insbesondere durch transparente Quellenangaben. Sein Nutzen hängt stark von der Zielgruppe ab: Für Einzelpersonen und urbane Waldbesitzende bietet er hohes Potenzial, während gut vernetzte Akteur*innen wie Forstgenossenschaften weniger Bedarf sehen. Kritisch angemerkt wurden Unsicherheiten bei forstlichen Empfehlungen und der Wunsch nach ausgewogener Darstellung kontroverser Themen. Verbesserungen betreffen u. a. bessere Strukturierung, regionale Personalisierung und eine stärkere Integration standortspezifischer Informationen sowie Verlinkungen zu passenden Softwaretools.
Diese prototypische Anwendung „Entscheidungsstütze bzw. -baum“ unterstützt Waldbesitzende bei der Entscheidungsfindung im Umgang mit Kalamitätsflächen – etwa nach Borkenkäferbefall. Angesichts von Unsicherheiten durch den Klimawandel, potenziell neuen Schädlingen, hohen Wiederbewaldungskosten und fehlendem Wissen zu geeigneten Waldtypen bietet die Entscheidungsstütze eine digitale Hilfestellung. Sie stellt gezielte Fragen zu Standortbedingungen und individuellen Zielen und zeigt auf dieser Basis erste mögliche Optionen für die Wiederbewaldung auf. So erleichtert sie die Vorbereitung auf eine fundierte Beratung durch Förster*innen und unterstützt eine zukunftsfähige Waldentwicklung.
Feedback: Die Entscheidungsstütze wird als hilfreiche Vorbereitung für Gespräche mit Förster*innen gesehen und könnte perspektivisch auch als standardisiertes Beratungstool dienen. Positiv bewertet wurden die konkreten Fragestellungen sowie die potenzielle Verknüpfung mit Waldinfo.NRW zur besseren Datenverfügbarkeit. Verbesserungsvorschläge betreffen u. a. die Reihenfolge der Fragen, eine klarere Sprache, zusätzliche Antwortoptionen (z. B. „weiß nicht“) und eine stärkere Integration standortspezifischer Informationen. Gewünscht wurden außerdem Erweiterungen, etwa zur Altwaldsicherung, sowie weiterführende Links in der Ergebnis-Datei.
Der vierte und damit letzte Prototyp unterstützt die zielgerichtete Auswahl geeigneter Softwarelösungen im Forstbereich, insbesondere zur Förderung von Ökosystemleistungen. Ausgangspunkt ist die Herausforderung, passende digitale Anwendungen zu entdecken. Die Lösung: Eine systematisch aufgebaute und gepflegte Übersicht forstnaher Software, basierend auf bestehenden Listen (z. B. waldklick.de, Landwirtschaftskammer Niedersachsen), ergänzt durch Keyword-Recherchen und Dialoge mit Fachakteur*innen. Nicht mehr verfügbare Angebote werden entfernt, neue laufend ergänzt.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Kennzeichnung von Anwendungen mit Bezug zu Ökosystemleistungen sowie der Einbeziehung auch solcher Software, die nicht primär forstlich, aber für die Praxis relevant ist. Die intuitive Weboberfläche ermöglicht eine gezielte Suche nach Software – sortiert nach Zielgruppen, Anliegen und thematischen Schwerpunkten. So entsteht ein praktisches Werkzeug für verschiedenste Nutzer*innengruppen, vom Waldbesitz bis zur Verwaltung.
Feedback: Das Feedback zeigt, dass die Softwareliste als sinnvoll empfunden wird, besonders im privaten Bereich, während beruflich eher auf bekannte Anwendungen verwiesen wird. Gewünscht werden weniger Vorsortierung und ein praxisnäherer, weniger wissenschaftlicher Ansatz. Besonders positiv bewertet wurden direkte Verlinkungen sowie Erweiterungen wie eine Unterteilung nach finanziellem Aufwand oder Zielgruppen. Auch eine verbesserte Kategorisierung der Themenbereiche wurde angeregt.
Als nächstes werden wir mit den Anregungen der Workshop-Teilnehmenden in die Weiterentwicklung der Prototypen gehen. Wir sind sehr dankbar für die Teilnahme, die Diskussionen und das differenzierte Feedback der Workshop-Teilnehmenden! Nur so ist eine sinnvolle Entwicklung digitaler Werkzeuge möglich.
Um noch tiefere Einblicke in unseren Workshop zu erlangen, klicken Sie hier zur Folienpräsentation. Dort sind die Vorstellung der Prototypen und das dazugehörige Feedback ausführlich beschrieben.
Second FOREA Workshop: Evaluation of prototype applications of digital forest tools
At the beginning of March, we organised a second workshop to evaluate the prototypes we had developed with our practice partners. The prototypes are digital tools designed to support previously identified challenges. We identified the challenges in a first workshop in April 2024 together with the workshop participants and in previous interviews.
The challenges identified include knowledge sharing between forest stakeholders, lack of data and data standards in forest management, managing disruptive factors (e.g. wildlife browsing) and uncertainty about future business models.
The first workshop, in April 2024, gathered ideas on what digital tools might look like. Online forest forums, chat rooms, digital forest libraries, QR codes on trail signs and donation apps were mentioned. At the same time, it quickly became clear that it is not possible to develop a suitable digital tool for every problem. Other ideas were also mentioned, such as making policy recommendations or ideas that focus more on social practices. Drone sharing, for example, was mentioned very specifically.
The prototypes that we then developed and discussed in this workshop focused on knowledge sharing issues, but also touched on the lack of data and how to deal with confounding factors. The four prototypes presented were an online ticket system, a chatbot, a digital decision support tool for reforestation of disaster areas and a selection tool for forest and forestry software. All four prototypes were presented to the workshop participants. In two groups, the participants discussed the potential applicability, target groups and suggestions for improvement (design implications). The four prototypes and the participants' feedback will be presented here shortly:
The first prototype, the Ticket System, is designed to allow forest owners in particular, but also similar stakeholder groups, to submit questions to experts via an online form. Depending on the problem, questions will be escalated from local to regional and even national experts. If necessary, a Large Language Model (LLM) chatbot can be used to answer the question. This chatbot is trained using artificial intelligence in the field of forests and forestry.
Feedback: Feedback on the ticket system shows that the idea is generally considered useful. At the same time, there are doubts about the actual relief of specialists, as general questions are rare and there is a lack of capacity to deal with them. The risks of generalised answers to location-specific issues and problems in differentiating between free information and paid advice were viewed critically. Among other things, clearer communication of system boundaries, the option to send in photos, filter functions and a more appropriate name such as ‘Ask the forester’ were requested.
The Chatbot offers simple and low-threshold access to forestry knowledge - especially for interested laypeople and non-specialists in North Rhine-Westphalia. As a digital contact point, it answers questions about forests and forestry with the help of a modern RAG model based on ChatGPT. It links a specially prepared knowledge base - including the NRW 2023 forest status report and the NRW silviculture concept. In this way, it also enables access to more specific information, provided this is contained in the underlying data. The chatbot provides answers with reference to stored sources, but errors (so-called hallucinations) cannot be completely ruled out.
Feedback: The chatbot was perceived as trustworthy, mainly due to transparent source information. Its usefulness depends strongly on the target group: It has great potential for individuals and urban forest owners, while well-connected stakeholders such as forestry cooperatives see less need for it. Uncertainty about forestry recommendations and the desire for a balanced presentation of controversial issues were criticised. Improvements include better structuring, regional personalisation and greater integration of site-specific information, as well as links to appropriate software tools.
The prototype application 'Decision Support or Decision Tree' helps forest owners to make decisions when dealing with disaster areas, for example after a bark beetle infestation. The decision support tool offers digital assistance in the face of uncertainties caused by climate change, potential new pests, high reforestation costs and a lack of knowledge about suitable forest types. It asks specific questions about site conditions and individual objectives, and uses these to present initial possible reforestation options. This facilitates the preparation of sound advice from foresters and supports sustainable forest development.
Feedback: The decision support tool is seen as a helpful preparation for discussions with foresters and could also serve as a standardised consultation tool in the future. The specific questions and the possible link to Waldinfo.NRW for better data availability were rated positively. Suggestions for improvement included the order of the questions, clearer language, additional response options (e.g. 'don't know') and greater integration of site-specific information. There was also a desire for extensions, for example on the protection of old-growth forests, and for more links in the results file.
The fourth and final prototype supports the targeted Selection of Suitable Software solutions in the forestry sector, in particular for the promotion of ecosystem services. The starting point is the challenge of identifying suitable digital applications. The solution: A systematically structured and maintained overview of forestry-related software, based on existing lists (e.g. waldklick.de, Lower Saxony Chamber of Agriculture), supplemented by keyword research and dialogue with specialised stakeholders. Offers that are no longer available are removed and new ones are added on an ongoing basis.
Special attention is given to the labelling of applications related to ecosystem services and the inclusion of software that is not primarily forestry-related, but relevant for practical use. The intuitive web interface allows a targeted search for software - sorted by target groups, concerns and thematic focus. This creates a practical tool for a wide range of user groups, from forest owners to administrators.
Feedback: Feedback shows that the software list is perceived as useful, especially in the private sector, while professional users tend to refer to familiar applications. There is a desire for less pre-sorting and a more practical, less scientific approach. Direct links and improvements such as categorisation by cost or target group were particularly well received. A better categorisation of themes was also suggested.
We will now use the workshop participants' suggestions to further develop the prototypes. We are very grateful for the participation, the discussions and the differentiated feedback of the workshop participants! This is the only way to develop digital tools in a meaningful way.
For an even deeper insight into our workshop, click here for the slide presentation (german version). The presentation of the prototypes and the related feedback are described in detail here.